Ich laufe durch die Nacht. Flackernde Strassenlaternen werfen ihr tristes Licht auf den Weg vor mir. Ich fühle mich einsam, als wäre ich nur noch ein Schatten, als hätte ich mich selbst verloren. In einer Weise habe ich das auch, irgendwo in der Dunkelheit. Existieren Schatten in der Nacht? Eisiger Regen fällt auf die Strassen, tropft von den Bäumen über mir und durchnässt mich. Wenn ich könnte, dann würde ich mich hier hinlegen. Ich würde mich zusammenrollen inmitten des prasselnden Regens und die Augen schliessen. Doch ich merke, dass ich verfolgt werde. Dass dafür keine Zeit bleibt. Schwarze Gestalten lauern hinter meinem Rücken und obwohl ich sie nicht sehen kann, spüre ich sie. Erst waren es nur zwei, dann drei, nun sind sie unzählbar. Sie lösen sich von den Türen der Häuser, kriechen aus den Gassen, folgen mir leise und einige warten an der Kreuzung in der Ferne. So langsam und bedächtig als wollten sie mich nicht erschrecken, als wollten sie mich in Sicherheit wiegen. Sie flüstern falsche Versprechen in den Wind oder jammern über verlorene Zeiten. Sprechen von Worten, die ich vergessen habe. Ich bin nicht hier, bin nirgendwo anders, bin nicht mehr ich und doch niemand sonst. Sie versuchen nach mir zu greifen, ziehen an meinem Mantel, und ich löse mich auf bis ich nichts mehr fühle. Bis ich mich nicht mehr fühle. Es ist nur ein Spiel, dass immer weiter geht. Als sässe ich auf einem Karussel. Ja ich vermisse mich manchmal. Das was ich sein wollte, was ich war, was ich verloren habe. Ich vermisse dich manchmal. Ich laufe durch die Nacht und löse mich auf, langsam aber stetig. Regen fällt. Und es fühlt sich so an als wäre dies meine letzte Nacht.
Schneeweiss